Anhänge

Anhänge gehören eigentlich an den Schluss einer Geschichte und könnten, werden sie verfrüht konsumiert, einen Teil der Geschichte vorwegnehmen und das Lesevergnügen schmälern. Man betrachte sich hiermit als gewarnt.

Während Wilhelm gerne bei einer Tasse in sein Tagebuch sinniert, wusste Tomo seine kleinen Gefühle von den großen Dingen nur in Gedichten auszudrücken. Außerdem wurden hier gesammelt: Postkarten, Gipfelbucheinträge und Grabinschriften

Professor Meissmann hingegen schrieb neben seinen pseudowissenschaftlichen Artikeln für die ihm mehr oder weniger geneigte Fachpresse hauptsächlich Briefe an seinen Busenfreund Lysander Josef Luv.

Im Wörterbuch findet sich eine Kurzanleitung für Hinos und Tomos Kryptoglossie-Kauderwelsch (von den beiden selbst als Ursprache bezeichnet) sowie eine Wortliste von ❦ französischen, ☯ japanischen, ✠ lettischen, ☣ englischen, lateinischen und anderen Begriffen und Phrasen mit Übersetzung und Erklärung.

Gedichte (zurück)

Ewige Freundschaft

Diesen Bund kann man nicht sehen,
und doch wird er selbst noch im Tode bestehen.
Denn mein halbes Ich schlummert in Dir,
und der Thron Deiner Seele steht hier bei mir.

Man kann es nicht atmen, noch fassen, noch hören,
wie unsere Herzen den Treueeid schwören.
Doch steht es in unserem Blute geschrieben,
dass unsere Seelen sich inniglich lieben.

Nur fühlbar ist die Einigkeit
und greifbar die Unsterblichkeit,
weil es keinen Tod mehr gibt,
wenn ein Freund den anderen liebt. ~ Tomo 10 Jahre

Goldene Wasser der Freundschaft

Wenn zwei Seelen Freundschaft schließen,
wird, wo bisher
ein Düstermeer
für immer wohl gewesen wär,
ein Fluss mit goldnen Wassern fließen.

Selbst wenn der Tod das Band bekriegt,
und trostlos leer
das Herz und schwer,
weil dort der Zweite fehlt so sehr,
bleibt Freundschaft ewig unbesiegt. ~ Tomo 11 Jahre

Spiel nicht mit dem Kobold

Wenn aus dem tiefen Brunnenschaft,
wo altes Wasser lange steht,
weder Hauch noch Wind je weht
und selbst der Sonne Licht vergeht,
listig eine Stimme lacht,
hüte Dich vor dem Kobold.

Wenn tief und tiefer in den Wald,
wo morsche Rinde faulig stirbt,
Leben bald zu Tod verdirbt
und Pestluft gärig Dich umwirbt,
es lockt Dich eine Lichtgestalt,
geh nicht mit dem Kobold.

Wenn in den Höhlen tief am Meer,
wo nasses Rauschen Klippen schleift,
kältestarr das Herz versteift
und Panik den Verstand ergreift,
ein Wandelwesen kommt daher,
spiel nicht mit dem Kobold. ~ Tomo 11 Jahre

Liebe im Konjunktiv

Es ist an der Zeit, dass ich all das aufschriebe,
was ich hab erfahren zum Wesen der Liebe:
Der ewigen, endlosen Seele zuliebe
riet streng mir der Weise zu meiden die Liebe.
Denn wer, die gebrochenen Herzen zerstiebe,
ein Mehl daraus mahle aus Leiden und Liebe.
Und wenn man den Staub mit den Fingern zerriebe,
erkranke man schwer an dem Siech genannt Liebe.
Ein Siechtum, das schnell alles Frohe vertriebe,
zu spät merke oft man das Unheil vor Liebe.
Und selbst wenn die Axt Dir den Brustkorb aufhiebe,
wächst unheilbar stet dort der Pesthauch der Liebe,
der alles und jeden zur Hölle hintriebe,
wo schwefelnd verrauchten die Schwüre der Liebe,
ein Dämon dem Kessel den Riegel vorschiebe,
um ewig zu foltern die Geister der Liebe,
sodass mir am Ende nicht mehr davon bliebe
als blasses Erinnern an grausame Liebe.
Wem Lohe noch weit vor dem Himmel beliebe,
sei bestens beraten und folge der Liebe.
Dass ja ich auch nicht das Schreiben aufschiebe,
befahl mir zuletzt noch der Weise der Liebe.

Nachdem ich dies alles nun niedergeschrieben,
weiß ich ganz sicher: Man sollte nicht lieben. ~ 14 Jahre

Postkarten (zurück)

Dezember 1980

Lieber Sohn, ich wünsche Dir ein beschauliches und friedliches Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr 1981. Bleib weiter brav. Wir sehen uns Ostern. Lys.

Gipfelbuch (zurück)

Auf der Viererspitze am 28. August 1991

Lieber Wilhelm, siehst Du, ich bin zurückgekehrt! Weder die Berge noch ein geringeres Laster konnten mir etwas anhaben. Inja – 28. August 1991.

Anonym am 23. Oktober 1991

Ich habe mich hier heraufgequält mit einer brennenden Frage im Sinn: Was ist Liebe? Der Berg konnte mir keine Antwort darauf geben. Ich werde es nächstes Jahr noch einmal probieren. Vielleicht ist bis dahin ja einem anderen Gipfelgast etwas Gescheites dazu eingefallen. Für sachdienliche Hinweise, die zum Begreifen des Tatbestands führen, wäre ich sehr dankbar.

Heinrich Luv am 5. Januar 1992

Hallo Welt!

Grabinschriften (zurück)

***Lysander Josef Luv (*1936 † 28. August 1985)

… dem Vater, dem Kameraden, dem Kollegen und dem Freund.

***Tomoko Murayama († 1983)

Sühne im Leben, Abbitte im Sterben, Gnade im Tod.
Verzeih Gott, was Menschenwerk uns leiden lässt.